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   FREIRELIGIÖSE  GEMEINDE  MAINZ


* Gemeindegeschichte *


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Geschichte der Freireligiösen Gemeinde Mainz


Seit über 170 Jahren gibt es die Freireligiöse Gemeinde Mainz. 1847 wurde sie von kirchenkritischen Christen aus Protest gegen Glaubenszwang und Dogmatismus und die hierarchische Struktur des Klerus gegründet. Daneben unterstützten die ersten Freireligiösen die demokratische Bewegung der bürgerlichen Revolution von 1848/49.
(Siehe auch: Buch zur Geschichte der Freireligiösen Gemeinde Mainz, sowie Freireligiöses Quellenbuch.)
 
1847 – 1933
Fünfzehn Jahre nach ihrer Gründung wurden der Gemeinde erstmals die Korporationsrechte verliehen; sie bekam damit den Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“.
 
Trotz ihrer wechselvollen Geschichte – sie erlebte Repressalien und Verfolgung seitens des Staates und der Kirchen – gelang es den ersten Freireligiösen, einen eigenen aufgeklärten Religionsunterricht einzurichten, eigene Konfirmationsfeiern (später Jugendweihen genannt) zu gestalten und eine eigene rationalistische Überzeugung auszubilden.
Dabei sind die grundlegenden Gedanken einer dogmenfreien Religion geblieben. Folgende freireligiöse Zielsetzungen von damals haben bis heute Gültigkeit:
 
*  Religion ohne Glaubenszwang,
*  Religion ohne Hierarchie,
*  Selbstbestimmung der Mitglieder in allen Gemeindeangelegenheiten,
*  Anerkennung und Tolerierung der Vielfalt der Lebens- und Weisheitsformen,
*  Diesseitsorientiertheit statt Jenseitsglaube,
*  Nutzen der Erkenntnisse aus Geistes- und Naturwissenschaft zur eigenen Wertebildung,
*  vernünftige Überprüfung von Erfahrungen.
 
Damals wie heute bekennen sich die Gemeindemitglieder mit der Selbstbezeichnung „freireligiös“ zu Religion. Freireligiös bedeutet demnach frei in der Religion zu sein, aber nicht frei von Religion.
 
Mainzer Pfarrer wie der Schriftsteller des Vormärz Eduard Duller (1809 – 1853) und der ehemalige Theologe Wilhelm Hieronymi (1809 – 1884) stellten christlichem Offenbarungsglauben ein freireligiöses Verständnis gegenüber und hielten bewusst am Religionsbegriff fest. Diese Tradition wird bis in die Gegenwart beibehalten.
 
1933 -1945
Nach den Krisen im 19. Jahrhundert (staatliche Einflussnahme und Verfolgung in den fünfziger Jahren: gesellschaftlicher Wandel, religiöse Indifferenz des Bürgertums, Säkularisierung des öffentlichen Lebens am Ende des Jahrhunderts) erlebte die Gemeinde im 20. Jahrhundert eine Zäsur durch die nationalsozialistische Diktatur. Im Rahmen der Gleichschaltung wurde die freireligiöse Jugendgruppe aufgelöst und ihr Jugendheim von der Hitlerjugend vereinnahmt. Um die Gemeinde vor dem drohenden Verbot durch die Nationalsozialisten zu schützen, versuchte Pfarrer Dr. Georg Pick (1892 – 1972) einen Anschluss an die Deutsche Glaubensbewegung. Doch die Bedingung, dafür die nichtarischen Mitglieder aus der Gemeinde auszuschließen, konnte und wollte er im Einvernehmen mit dem Ältestenrat nicht akzeptieren.
 
Während etliche freireligiösen Gemeinden verboten wurden, arrangierte sich die Mainzer Gemeinde unter Mühen mit den Machthabern und konnte eingeschränkt weiterbestehen. Gleichwohl wurden viele ihrer Mitglieder, die sich politisch gegen die Nazis engagierten, verhaftet. Dem Vorsitzenden Dr. Gustav Sprenger (1878 – 1959) wurde die Arztpraxis gesperrt. Zwei Mitglieder des Ältestenrats erhielten Berufsverbot, der Gemeinderechner kam ins KZ.
 
Durch die Gründung der „Freien Religionsgemeinschaft Deutschlands“ (1934) war es immerhin möglich, auch die Mitglieder der verbotenen Gemeinden (z. Bsp. Wiesbaden) in Filialgemeinden zusammenzufassen und so trotz des Verbots weiterhin zu betreuen.
 
Angesichts des Drucks der politischen Verhältnisse war die Gemeinde darauf bedacht, sich nach außen der herrschenden Ideologie anzupassen. Besondere Bedeutung kam dabei der Monatszeitschrift „Freie Religion“ zu, die als Verbandsorgan einer Körperschaft des öffentlichen Rechts den entsprechenden Behörden vorzulegen war. Sprache und Inhalt aus der Zeit vor 1933 ließen sich jetzt nicht mehr durchhalten. Jede kritische Anmerkung zu den Verhältnissen in Deutschland unterblieb, um empfindliche Konsequenzen zu vermeiden. Die Zeitschrift hatte nun die neue Funktion, ständig zu belegen, dass die Gemeinde keine regierungsfeindliche Absicht hegte. In der Rubrik „Presseschau“ wurden regierungs- und parteispezifische Nachrichten, die aus religiöser Sicht beachtenswert waren, in besonders beflissentlicher Interpretation vorgestellt. Auch in der religiösen Selbstdarstellung ist eine Schwerpunktverschiebung festzustellen: Die Elemente einer völkischen Religionsauffassung rückten in den monatlichen Blättern deutlich in den Vordergrund, der Zug zum humanistischen Weltbürgertum, wie er z. B. noch im Lehrplan des Jahres 1926 zum Ausdruck kam, trat zugunsten der Berufung auf das „deutsche Wesen“ zurück (s. Verfassung FRD 1934), Bekenntnisse zur Demokratie unterblieben.
Die Anpassung in der „Freien Religion“ ging so weit, dass nach dem Krieg der Vorwurf laut wurde, die Haltung leitender Persönlichkeiten hätte zu einer Gleichschaltung mit dem Gedankengut und den politischen Zielen der Nationalsozialisten geführt. Dr. Pick trat dem mit der Feststellung entgegen, dass gewisse Zugeständnisse nötig waren, weil jede andere Haltung das Ende des freireligiösen Gemeindetums, wie am Beispiel der Wiesbadener Gemeinde deutlich geworden war, bedeutet hätte.
Aus heutiger Sicht lässt sich feststellen, dass zu wenige Funktionsträger im südwestdeutschen Raum den verbrecherischen und menschenverachtenden Zug des nationalsozialistischen Regimes erkannten. Der Mainzer Gemeinderat distanziert sich von diesen Zugeständnissen an die damaligen Machthaber und weist insbesondere entsprechende Passagen aus der „Freien Religion“ und Picks Buch „Die Religion der freien Deutschen“ als undemokratisch und volkstumsorientiert zurück.
 
ab 1945
Nach dem Krieg (1947) gründete die Gemeinde Mainz mit der Freireligiösen Gemeinde Ingelheim und anderen sich anschließenden Gemeinden die „Freie Religionsgemeinschaft Rheinland“.
 
Heute vereinigt die Freireligiöse Gemeinde Mainz Freireligiöse in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen, die Freireligiösen Gemeinden Essenheim bei Mainz sowie die rechtsrheinisch gelegenen Freireligiösen Gemeinden Ginsheim und Nauheim (siehe Verfassung). Diese Gemeinden verwalten sich selbstständig durch ihre Vorstände, sind jedoch organisatorisch in die Gesamtgemeinde Mainz eingegliedert.
 
Die Mainzer Freireligiösen sind bestrebt, die vernunftorientierten freireligiösen Traditionen zeitgemäß weiterzuentwickeln, um für an religiösen Fragen interessierten Menschen eine Alternative zu den etablierten Konfessionen zu bieten. Zum Gemeindeleben gehören Feierstunden und religiöse Feiern anlässlich Geburt, Jugendweihe, Hochzeit und Tod sowie Beratung und Betreuung.
 
 
 
 
Daten zur Gemeindegeschichte
 
1847
27. Februar: Gründung der Deutschkatholischen Gemeinde Mainz durch den Verleger Christian Scholz und J. F. Schneider.
25. – 29. Mai: Prediger Hieronymi vertritt die Gemeinde Mainz auf dem II. Deutschkatholischen Konzil in Berlin.
4. Juli : Erster Gottesdienst im ehemaligen Café Milano auf der Großen Bleiche durch Prediger Schell aus Wiesbaden.
27. Dezember: Anstellung des ersten Predigers, Johann Baptiste Engelmann.
 
1848
Der Mainzer Gemeindegründer Christian Scholz ist Mitglied im Frankfurter Vorparlament, das die Nationalversammlung vorbereitet.
2. August: Hessisches Gesetz, „betr. die religiöse Freiheit“, bildet die Rechtsgrundlage für die Gemeinde.
 
1851
Dr. Eduard Duller wird zum Prediger in Mainz gewählt, wo er bis zu seinem Tod 1853 wirkt. Daneben macht sich Duller einen Namen als Schriftsteller und liberaler Journalist.
Im Zuge der Aufhebung der Gesetze zur Religionsfreiheit erschweren staatliche Unterdrückungsmaßnahmen das Gemeindeleben.
 
1859
Die Gemeinde Mainz tritt dem neugegründeten Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) bei.
 
1863
24. Juni: Verleihung der Korporationsrechte durch die Großherzogliche Regierung Hessen.
 
1864
30. Oktober: Einweihungsrede von Hieronymi zur Eröffnung des neu erworbenen Gemeindezentrums im ehemaligen Heilig-Geist-Spital (Rentengasse).
 
1882
Umstellung des Beitragssystem auf Steuereinzug.
 
1888
Verkauf des ehemaligen Heilig-Geist-Spitals.
 
1891
September: Umbenennung der Gemeinde von „Deutschkatholisch“ in „Freie Christliche Gemeinde“. Erwerb des Hauses Große Bleiche 53 und Umgestaltung zu einem Gemeindezentrum.
 
1911
15. November: Neue Verfassung und Annahme des heute noch von der Gemeinde geführten Namens „Freireligiöse Gemeinde Mainz“.
19. November: Nach der Verfassungsänderung betont die Gemeinde Diesseitsorientierung, Freiheit von Glaubens- und Gewissenszwang und die Verbreitung einer auf wissenschaftlicher Erkenntnis aufgebauten Weltanschauung.
 
1912
3. Februar: Die Großherzogliche Regierung Hessen genehmigt durch Verfügung die Umbenennung in „Freireligiöse Gemeinde Mainz“.
 
1920
Der Arzt und Vorsitzende der SPD-Fraktion im Mainzer Stadtrat, Dr. Gustav Sprenger, wird Gemeindevorsitzender.
 
1922
17. November: Dr. Georg Pick wird als Pfarrer der Freireligiösen Gemeinde Mainz angestellt.
Herausgabe der von Dr. Pick 1921 gegründeten Zeitschrift „Freie Religion“ in Mainz.
 
1923
26. November: Erneute Verleihung der Körperschaftsrechte durch das Hessische Ministerium des Innern.
 
1926
November: Dr. Pick wird Lehrbeauftragter im Fach Religionswissenschaft am Pädagogischen Institut in Mainz.
 
1931
17. Mai: Eröffnung des Freireligiösen Jugend- und Ferienheims in Mainz-Gonsenheim.
 
1934
13. Mai: Die Gemeinde bildet mit weiteren süddeutschen Gemeinden die „Freie Religionsgemeinschaft Deutschlands“.
Im Rahmen der Gleichschaltung aller Jugendorganisationen muss die Freireligiöse Jugendgruppe aufgelöst werden.
 
1936
Das Freireligiöse Jugend- und Ferienheim im Mainz-Gonsenheim wird beschlagnahmt und von der HJ vereinnahmt.
 
1945
27. Februar: Beim Bombenangriff auf Mainz wird das Gemeindezentrum in der Großen Bleiche 53 völlig zerstört.
9. September: Die erste Nachkriegsfeierstunde findet in einer Privatwohnung statt.
 
1946
16. Januar: Erste nach dem Krieg abgehaltene Ältestenratssitzung.
9. Mai: Erste Jugendweihe nach dem Krieg
 
1947
29. Juni: Festweihestunde in der Aula der Johannes-Gutenberg-Universität zur 100-Jahrfeier der Gemeinde. Herausgabe der Festschrift „Der Grundgedanke der Freireligiösen Bewegung“ von Dr. Pick.
1. September: Die Gemeinde Mainz gründet mit der Freireligiösen Gemeinde Ingelheim und anderen sich anschließenden Gemeinden die „Freie Religionsgemeinschaft Rheinland“.
 
1958
5. Januar: Einweihung des neuen Gemeindezentrums in der Gartenfeldstraße 1.
 
1962
1.– 2. September: Anlässlich der 2000-Jahrfeier der Stadt Mainz findet eine außerordentliche Tagung des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands mit einer Festveranstaltung im Mainzer Stadttheater statt.
 
1972
Juni: Festveranstaltung und Herausgabe einer Festschrift anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Gemeinde.
 
1974
1. Februar: Eröffnung einer öffentlichen Altentagesstätte im Gemeindezentrum.
 
1975 – 1978
Gemeinsamer Betrieb einer Kindertagesstätte zusammen mit einer privaten Trägervereinigung.
 
1980
11./12. Oktober: Bundesversammlung des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands zum zweiten Mal nach dem Krieg in Mainz.
 
1982
4. April: 100 Jahre Freireligiöse Jugendweihe in Mainz.
 
1984
26. Juni: BFGD-Festveranstaltung im Kurfürstlichen Schloss zur 125-Jahrfeier des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD).
 
1988
Austritt aus dem Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD).
 
1997
15. März: Die Freireligiöse Gemeinde Mainz begeht ihre 150-Jahrfeier.
 
2007
24. Februar: Matinee zum 160-jährigen Jubiläum der Gemeindegründung mit Originaltexten und Liedern aus der Zeit um 1847.

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