Freie Religion

 

- Wesentliches

und

  Emotionales -

 

 

Zitate,

Gedichte, Aphorismen, Verse,

Stellungnahmen, Sprüche

 

 

 

gesammelt und ungeordnet zusammengestellt

von

Lothar Geis

 

 

2015

Selbstverlag

Lothar Geis,

Mainz

 

 

 

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Es heißt, ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Diese alte Weisheit wird nicht bezweifelt und gilt als sicher.

Weniger bewusst hingegen ist vielen die nicht minder geltende Erkenntnis, dass solches auch für besonders erhellende wörtliche Formulierungen gilt - egal ob diese im Einzelnen als Zitate, Gedichte, Aphorismen, Verse, Stellungnahmen oder Sprüche bezeichnet werden. 

Während früher ein thematisches Zusammenstellen solch "geflügelter Worte" (Zitate) meist mühsames Suchen und langwieriges Sammeln voraussetzten, hat man es im Internetzeitalter wesentlich bequemer, an entsprechendes Material heranzukommen.

Leider gilt das nicht für den Themenbereich freier Religiosität, denn im Internet gehört dieses Suchkriterium zu den noch unbekannten Begriffen. Wenn zudem als einschränkendes Auswahlkriterium dabei das "Anklingen einer emotionalen Saite" mit eine Rolle spielt, endet die Suche schnell und bleibt ohne Ergebnis.

Also erfolgte die  Auswahl der Zitate auf die altmodische Weise, und diese Zitatensammlung stellt somit das Ergebnis meines individuellen Sammelns dar.

Dem entsprechend ist sie nicht besonders umfangreich.

Vielleicht ist das sogar von Vorteil, denn damit bleibt sie überschaubar.

Nur der Ordnung halber - und weil es zudem offenkundig ist - möchte ich hier betonen, dass meine Spruchsammlung völlig ungeordnet ist. Mag jeder sie nach seinen Vorstellungen ordnen oder nur darin lesen. Auch habe ich auf die Angabe von Fundstellen verzichtet, damit die grundlegend-inhaltlichen Aussagen nicht von zu viel Wissenschaftlichkeit übertüncht werden.

Bei der vorliegenden Spruchsammlung kam es mir neben den wesentlichen Aussagen zum Freireligiös-Sein vor allem darauf an, auch Zeugnisse vom Sich-Freireligiös-Fühlen mit einzubringen. Ich meine, dass gerade dieser Aspekt in der Vergangenheit oft zu kurz gekommen ist.

Wenn die Leserinnen und Leser meine entsprechenden Bemühungen, dies deutlich machen zu wollen, erkennen und anerkennen würden, empfände ich  darüber Freude.

Lothar Geis

  

 

Übrigens: Wer weitere treffende Zitate zum Wesen freier Religiosität kennt, den bitte ich um Mitteilung per E-Mail
(siehe Webseite "Freireligiöse Schriften).

 

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Das Eine in allem

In allem wohnt und wirkt das Eine,

im Hälmchen, das zum Lichte strebt,

im Menschenwesen, das alleine

zu edlem Denken sich erhebt.

Geheimnis bleibt sie mir, die Kraft,

aus der sich Halm und Mensch gebiert,

das Eine, welches ewig schafft,

von Tod und Alter unberührt.

Wir sind sein Kleid, ich und der Baum.

Nach Wirklichkeiten greift die Hand.

Und doch ist mir´s,  ich wär´ im Traum.

Ich selber bleib mir unbekannt.

Ich wollte es mit Namen nennen,

grub meinen Wortschatz um und um.

Am Ende kann ich nur bekennen:

Ich bleibe ehrfurchtsvoll und stumm.

Friedrich Schrader

 

 

 

 

 

Diesseits und Jenseits

wollt ihr verstehn?

Wie die Gewalten

schöpferisch schalten,

müsst ihr sehen,

was sie entfalten!

Keine bringt

den anderen Untergang:

Jede bedingt der anderen Lebensgang.

Denn es vergeht

nur der Gestalten Art;

doch was als Wesen sich offenbart,

ist und besteht.

Siegfried Hardung

An das Göttliche

Du bist nicht der, für den dich viele halten,

den ihrer Priester Opferbrauch beschwört,

der gute Knecht, der in des Schicksals Walten

willfährig ihre kleinen Wünsche hört.

Du bist die Kraft, die ewig neu beginnend,

zu höher´m Leben kämpfend sich befreit,

die, in der Welt sich Raum für Raum gewinnend,

die ewige Schönheit hebt in diese Zeit.

Du bist die Kraft, auf deren Sieg ich traue,

so wild der Wahnwitz seine Geißel schwingt,

von der ich glaube, dass sie sich noch baue

ein Haus, in dem der Geist die Schwere zwingt.

Doch weiß ich auch, so klein ich selbst mich sehe,

dass du mich brauchst, das Große zu vollziehn,

und auch, dass ich allein durch dich bestehe

und nur aus dir mir Wert und Sinn erblühn.

So gibt es einen Wunsch nur, der mir bliebe,

und ein Gebet nur kann vor dir bestehn:

mich selbst vergessend, Geist zu sein und Liebe,

in Wort und Tat ganz in dir aufzugehn.

Georg Pick

 

Was versteht man unter freireligiös?

Freireligiös ist

nicht der,     der die Kirchen und ihren Glauben verneint,

nicht der,    der Priester und Papsttum ablehnt;

nicht der,    der auf ihre Schädlichkeit in Vergangenheit

                   und Gegenwart hinweist;

nicht der,   der die Bibel als Gotteswort ablehnt,

 das  Christentum als veraltet und

 Jesus als Mensch  oder gar als

Gedankendichtung   erklärt.

Freireligiös ist nur der,

der sich eins fühlt mit dem Alleinen und
Ewigen und stündlich daraus Kraft schöpft für des Lebens Veredlung . . .

 

 

Karl Weiß

(gekürzte Fassung)


 

 

 

 

 

Größer werden die Menschen nicht;

Doch unter den Menschen

Größer und größer wächst

Die Welt des Gedankens.

Strengeres fordert jeglicher Tag

Von den Lebenden.

Und so sehen es alle,

Die zu sehen verstehen.

Aus dem seligen Glauben des Kreuzes

Bricht ein andrer hervor,

Selbstloser und größer.

Dessen Gebot wird sein:

Edel lebe und schön,

Ohne Hoffnung künftigen Seins

Und ohne Vergeltung,

nur um der Schönheit des Lebens willen.

Theodor Storm


 

 

Das Auge, mit dem mich Gott sieht,

ist das Auge, mit dem ich ihn sehe,

mein Auge und sein Auge sind eins. 

Meister Eckhart

 

 

 

Glauben heißt: In uns selber die schöpferischen Kräfte spüren, die das Weltall durchfluten.

Friedrich Lienhard

 

 

 

Ich glaube, dass wir einen Funken jenes ewigen Lebens  in uns tragen, das im Grunde des Seins leuchten muss und welches unsere schwachen Sinne nur von Ferne fassen können. Diesen Funken in uns zur Flamme werden zu lassen und das Göttliche in uns zu verwirklichen, ist unsere höchste Pflicht. 

Johann Wolfgang von Goethe

 

 

Mein Glaube

Ich glaube an die lebendige Kraft,

die überall wirkt und Wunder schafft,

die Formen bildet und wieder zersprengt

und quellend in Poren und Adern drängt,

die ewig strömt durch das endlose All,

die heimlich baut den klaren Kristall,

die in der Zelle, eng umzirkt,

wie im Planetenreigen wirkt,

die schaffend den Halm und die Blüte baut,

aus tausend Augen die Sonne schaut,

in Glanz und Farben und Düften zart,

in tausend Zungen sich offenbart,

die wunderbar in der eigenen Brust

sich kündet, selber sich klar bewusst.

Ich glaube an die Menschheit, die kämpfend strebt,

aus Qual und Ketten ins Licht  sich hebt,

die Kraft des Geistes, erlöst aus Nacht,

zu herrlicher Freiheit dereinst erwacht.

 

 

Sie litt genug, ward gekreuzigt und starb

millionen Tode, doch sie erwarb

das flammende Wissen: Der Tag wird erscheinen,

da alle Menschen  sich liebend vereinen

in Freiheit und Freude, in Schönheit und Stärke

zu helfen und schaffen am ewigen Werke.

Einst werden die Götzen des Hasses vergehen,

und der schöne Mensch wird auferstehen.

Ich glaube an Liebe und ihren Sieg.

Sie tötet Tyrannen, sie ächtet den Krieg,

sie heilt alle Wunden, in ihrer Spur

aufkeimend  zum Garten die schöne Natur,

und alles, was menschliches Antlitz trägt,

fühlt, wie ein Herz für das andere schlägt,

und spürt mit jubelnder Frühlingslust

das Herz der Menschheit in eigener Brust.

Ich brauche nicht Götter, nicht Priester und Buch,

die Welt und die Menschheit sind Wunder genug.

Balduin Reichenwallner

 

 

Freireligiöses Bekenntnis

Frei sind wir, also nicht gebunden,

Durch Glaubenszwang in unsrer Religion.

Wir glauben, was wir selbst als wahr empfunden;

Nicht, was uns vorschreibt eine Konfession.

Bekenntnis, Überzeugung sind uns nicht verkäuflich

Auch nicht um ew’ge Seligkeit und Himmelslohn.

Denn was uns unnatürlich scheint und unbegreiflich,

Das nennen wir nicht „wahr“ aus Furcht vor Höllendroh´n.

Die Wahrheit bau´n  wir auf die Wirklichkeit,

Auf der Vernunft und der Natur Gesetze,

Die ehern stehn voll Unverbrüchlichkeit,

Dass auch kein Gott durch Wunder sie verletze.

Allmächtig, ewig und unendlich,

Allgegenwärtig in der kleinsten Spur,

Unfassbar hoch und doch so nah verständlich,

Das höchste Wesen – ist uns die Natur.

Die unerschaffne Schöpferin der Welten,

Aus deren Schoß hervor die Sonnen gehen,

Und die aus Sternentrümmern, aus zerschellten,

Durch Welten-Nebel webt ein Welten-Auferstehn.

 

Sie lässt im Kreise auch unsre Erde rollen

Und auf der Erde alles Leben blühn,

Daraus zuletzt, zuhöchst erwachsen sollen

Wir selbst, das Menschenherz, des Geistes Glühn.

Entwicklung hat uns empor getragen

Tief aus dem Zellen-, Pflanzen-, Tieresstand

Zum Aufrechtgehn, zum Sprechen, Denken, Wagen,

Zur Kunst- und Arbeitsfähigkeit der Hand.

Natur gab uns die sittlich hohen Triebe

Des Einzelnen zu der Gemeinsamkeit,

Zu Menschenrecht und –pflicht, zur Nächstenliebe,

Dass jeder sich dem  großen Ganzen weiht.

So leben wir mit Hoffen, Lachen, Weinen

Und schauen über unsern Tod hinaus

Der besser´n  Zukunft stetiges Erscheinen

Und atmen dafür unser Leben aus.

Im Kampfe singen wir mit Jubeltönen,

Was aus des Weltalls Tiefe zu uns spricht:

In uns der Geist des Guten, Wahren, Schönen

Führt segnend höherwärts – durch Nacht zum Licht

Gustav Tschirn

 

 

Ich habe nie ohne Religion gelebt,

und könnte keinen Tag ohne sie leben,

aber ich bin mein Leben lang ohne Kirche

ausgekommen.

Hermann Hesse

 

Gott schläft als Stein,

atmet in der Pflanze,

träumt als Tier

und erwacht als Mensch.

Nach einer indischen Spruchweisheit

 

 

Religion [ist es], welche die drei großen
Rätsel-SSeinSinn und Sollen  des
Daseins, der Dinge unseres Menschen-lebens und seiner gemeinschaftlichen und geschichtlichen, natürlichen und kultür-lichen Verflechtungen gläubig erfasst . . .

Willy Hellpach 

 

 

 

Es schlägt ein einzig Herz in diesem großen All,

in deiner eignen Brust ertönt sein Widerhall.

Marie von Ebner-Eschenbach

 

 

 

Was soll mir euer Spott und Hohn

über das All und Eine?

Der Professor ist eine Person,

Gott ist keine!

Johann Wolfgang von Goethe

 

 

In Beantwortung Ihres Schreibens vom 10. 6. 1947 kann ich Ihnen mitteilen, dass ich selber seit jeher tief religiös veranlagt bin, dass ich aber nicht an einen persönlichen Gott, geschweige denn an einen christlichen Gott glaube.

Max Planck

 

 

 

 

Welche Religion ich bekenne?

Keine von allen, die du mir nennst!

Und warum keine?

Aus Religion!

Friedrich von Schiller

 

 

 

Religiös-Sein ist sehr viel mehr als nur Glaube.

Martin Walser

 

 

Wohl ist alles in der Natur Wechsel,

aber hinter dem Wechsel ruht ein Ewiges.

Johann Wolfgang von  Goethe


 

 

 

Sag an, mein Herz, wo suchst du deinen Gott?

Im Tempel nur, wo sich die Knie biegen?

Am Altar nur, wo Weihrauchwolken fliegen?

Über den Wolken, wo die Sterne glänzen?

Hinter den Sternen, wo des Denkens Grenzen?

O nein, o nein -  mein „Gott“ ist überall:

Wo der Strom blaut, wo der Himmel taut,

Wo die Wolken sich jagen, wo die Nachtigallen schlagen,

Wo die Erde schweigend in Schnee sich hüllt,

Wo der Lenz aus Millionen Knospen quillt –

Ist er mir nah!

Im freien Geist ist er am herrlichsten da.

Wo die Liebe blüht, wo Gedanken wundervoll entstehen,

Wo die Seelen miteinander gehen,

Wo Begeisterung flammt und Wahrheitsmut,

Wo die Herzen ringen ums höchste Gut:

Da ist das Ewige nah, da ist „Gott“ selber da.

Altes freireligiöses Gedicht

 

 

 

In Seelen, die das Leben aushalten

und Mitleid  üben und menschlich walten,

mit vereinten Waffen

wirken und schaffen,

trotz Hohn und Spott,

da ist Gott!

                                  Friedrich Theodor Vischer

 

 

 

Jeder,  . . . , muss ja einsehen, dass uns ein ewiges Rätsel umgibt,  und darauf gründet sich jede Religion.

Alfred Nobel

1885 in einem Brief an einen Pfarrer

 

 

 

Die ganze Natur ist eine Melodie,

in der eine tiefe Harmonie verborgen ist.

    Johann Wolfgang von Goethe

 

 

                                  

Das Ewig-Eine

Das Ewig-Eine stäubt mithin im Staube,

blüht in der Rose,

fibriert im Sonnenstrahl,

kristallisiert im Diamant,

denkt im Menschen.

Nicht in seinem Urgrunde, in seiner endlichen Erscheinungsform ist das

Alles verschieden.

                                             Eduard Baltzer

 

 

 

 

Religion ist das von Ehrfurcht

und Vertrauen getragene

Verhältnis zum Dasein

und das daraus entspringende sittliche

Verantwortungsbewusstsein.

Freireligiöse Religionsdefinition

Die Natur

Die Natur schafft ewig neue Gestalten;

was da ist, war noch nie;

was da war, kommt nicht wieder.

Alles ist neu, und doch immer das Alte.

Sie scheint alles auf Individualität angelegt zu haben

und macht sich nichts aus den Individuen.

Sie baut immer und zerstört immer,

und ihre Werkstätte ist unzugänglich.

Es ist ein ewiges Leben, Werden und Bewegen in ihr: und doch rückt sie nicht weiter.

Sie verwandelt sich ewig und ist kein Moment
Stillstehen in ihr.  Sie ist fest;
ihr Tritt ist gemessen, ihre Gesetze unwandelbar.

Alles  ist  immerdar  in  ihr;

Vergangenheit und Zukunft kennt sie nicht.

Gegenwart ist ihre Ewigkeit.

                         Johann Wolfgang von Goethe

 

 

Der du nicht Stein bist, doch des Steines Kraft,

die Kern und Schale hält in enger Haft;

der du nicht Rose bist, doch ihre Pracht,

ihr Duft, ihr Auge, das zur Sonne lacht;

der du nicht Eiche bist, doch wohl ihr Mark,

der Stolz, der aus ihr atmet, lebensstark.

Die Welt ist nichts als Form, in der du prägst,

ist nichts als die Gewandun , die du trägst.

Mein Ich sieht nur den Glimmer, nur den Schein,

du siehst in mir ins Herz der Welt hinein.

Mein Ich fühlt nur, was schmeichelnd ihm behagt,

du fühlst in mir, was sich zu opfern wagt.

Du  zehrst an mir, wie Glut an Eisen zehrt,

du ruhest nicht, bis ich schlackenlos verklärt.

Lässt du von mir, bin ich ein Spiel, ein Spott;

mein Ich, erfüllt mit dir ist selber Gott.

                                                    Heinrich Hart

 

 

 

 

 

 

Uns ist es genug zu wissen:

Wir gehören einem unendlichen lebevollen
Weltall an.

Aus ihm wurden wir, in ihm leben wir,

in ihm bleiben wir.

Der Tod ist nicht Vernichtung,

er ist Verwandlung.

Ewig fließt des Lebens unerschöpflicher Quell.

         Wilhelm Hieronymi

 

 

 

 

Glaube denen, die die Wahrheit suchen,

und zweifle an denen, die sie gefunden haben.

                                                 André  Gide

 

 

 

 

Das ewige Recht der Religion liegt in der Tatsache
begründet, dass der Mensch sich einer Welt  
gegenübersieht, deren letzten Gründe er nicht kennt und nicht kennen kann; es kennzeichnet ihn aber, dass er diese letzten Gründe bejaht.

Und indem er sie begreift, werden sie ihm zum
Inbegriff dessen, was ihm „heilig“ ist.

Vom Menschen her  gesehen, ist Religion

- Ehrfurcht vor dem Urgeheimnis der Schöpfung,

- ein Gefühl für das Wunderbare allen Daseins,

- Glaube an einen höchst sinnvollen Weltgedanken,

- Treue im Hinblick auf den Urgrund seiner Existenz.

Das sind die seelischen Kräfte, die als Religion sein Leben begleiten und allen seinen Lebenserfahrungen das eigene Gepräge geben.

          Georg Pick

 

 

 

Künstlers Abendlied

Ach, dass die inn´re  Schöpfungskraft

Durch meinen Sinn erschölle!

Dass eine Bildung voller Saft

Aus meinen Fingern quölle!

Ich zittre nur, ich stottre nur

Und kann es doch nicht lassen;

Ich fühl´, ich kenne dich, Natur,

Und so muss ich dich fassen.

Bedenk’ ich dann, wie manches Jahr

Sich schon mein Sinn erschließet,

Wie er, wo dürre Heide war,

Nun Freudenquell genießet:

Wie sehn´ ich mich, Natur, nach dir,

Dich treu und lieb zu fühlen!

Ein lust´ger Springbrunn, wirst du mir

Aus tausend Röhren spielen.

Wirst alle meine Kräfte mir

In meinem Sinn erheitern,

Und dieses Dasein hier

Zur Ewigkeit erweitern.

 Johann Wolfgang von Goethe

 

 

 

Mensch werde wesentlich!

Denn wenn die Welt vergeht,

so fällt der Zufall weg,

das Wesen, das besteht.

 Angelus Silesius

(Johann Scheffler)

 

 

 

 

Freireligiös sind alle Menschen zu nennen, die es als unwahrhaftig empfinden, religiöse Vorstellungen festzuhalten, die sie mit ihrem Wahrheitsgewissen nicht verantworten können, die jedoch damit die Religion nicht als erledigt betrachten, sondern nach der Form religiösem Denkens und Lebens suchen, die den geistigen Grundlagen unserer Zeit angemessen ist.

         Georg Pick

 

 

 

 

An die offiziellen Christen

O nennt mir eine einz´ge Tugend nur,

die nicht ein guter Heide einst besessen!

Zeigt mir nur einer Todessünd´ die Spur,

der sich nicht tausend Christen schon vermessen!

Beweiset mir, dass grüner steh´n  die Auen,

dass ehrlicher, die Staat und Acker bauen,

dass schöner sind und treuer unsre Frauen,

so will ich meine Zweifel gern vergessen

und gläubig mit euch auf zum Kreuze schauen.

Gottfried Keller

 

 

 

In unsres Busens Reine wogt ein Streben,

sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten

aus Dankbarkeit  freiwillig hinzugeben,

enträtselnd sich dem ewig Ungenannten.

Wir heißens: fromm sein.

Johann Wolfgang von Goethe

 

 

 

 

Wir denken Gott nicht als ein von der Welt getrenntes Einzelwesen. Wir denken ihn als das Allwesen, das unendliche Leben des Weltalls, welches alles Einzelleben aus sich erzeugt und in sich zurücknimmt, denn das Weltall erscheint uns als ein lebendiges unendliches Ganzes.  

Das „Allwesen“, das soll nicht heißen, dass wir dieses sichtbare Weltall selbst Gott
nennen, denn der Begriff Gott ist ein Ursächlichkeitsbegriff, ein abstrakter, wie der
Begriff Kraft.

Wilhelm Hieronymi

 

 

Hoch über Zeit und Raum webt

lebendig der höchste Gedanke.

Friedrich von Schiller

 

 

 

 

Alte Irische Besinnung

Ich habe gearbeitet auf der fruchtbaren Erde

und einen Garten gepflanzt -

So weiß ich, was Glauben ist.

Ich habe dem Jubilieren der Vögel gelauscht

am frühen Morgen und zur Dämmerung -

So weiß ich, was Musik ist.

Ich habe den Morgen gesehen,

wolkenlos nach dem Regen -

So weiß ich, was Schönheit ist.

Ich habe das Wunder des Frühlings geschaut,

die Fülle des Sommers

und die Pracht des Herbstes,

gefolgt von der Ruhe des Winters -

So weiß ich, was Leben ist.

Und weil ich all das erfahren habe,

weiß ich, was Gott ist.

 

 

 

 

 

 

Jeder Mensch weiß, dass er sich nicht selbst ins Leben gerufen [hat], dass er nicht infolge des eigenen Willens lebt, nicht aus eigenem Willen stirbt [und] nicht aus eigenem Willen Schmerz und Leid erduldet.

[Jeder spürt], dass es also eine Macht gibt, in der „wir leben, weben und sind“.

Wer das weiß und fühlt, der „glaubt an Gott“,

ja er weiß Gott, mag er jene ewige Macht nun Jehova, Brahma, Allah, Gott [oder] Natur nennen.

Es ist [nur ein] Name, und jeder denkt sich diesen Begriff nach der eigenen Geistesfähigkeit und Denkkraft.

Wilhelm Hieronymi

 

 

Gott ist in allen Dingen dem Wesen nach als wirkende und tragende Kraft.

Meister Eckhart

 

 

 

 

 

 

Du suchst und möchtest gern es finden,

was deine Seele selig macht;

Du suchst es in des Wissens Gründen,

Du suchst es in der Berge tiefem Schacht;

Du suchst es über fernen Meeren,

in einer andern Sonne Licht!

Du schmückest dich mit Ruhm und Ehren,

doch das Ersehnte hast du nicht.

 

O, so verlass das eitle Drängen,

lass ab von törichter Begier!

Tönt´s  nicht in reineren Gesängen:

Das Himmelreich ist nah bei dir?

Such nicht in Höhen, nicht in Gründen,

nicht in der schnell verblühten Lust;

Willst du den wahren Himmel finden,

such ihn, 0, Mensch, in deiner Brust!

Eduard Baltzer


 

 

 

Jene mit tiefem Gefühl verbundene Überzeugung von einer überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart, bildet meinen Gottesbegriff; man könnte ihn also in der üblichen Ausdrucksweise als „pantheistisch" (Spinoza) bezeichnen.

Konfessionelle Traditionen kann ich nur historisch und psychologisch betrachten; ich habe zu ihnen keine andere Beziehung. . .

Albert Einstein

 

 

 

Ich kann mir keinen persönlichen Gott denken, der die Handlungen der einzelnen Geschöpfe direkt beeinflusste oder über seine Kreaturen zu Gericht säße . . .

Albert Einstein

 

 

 

 

Dass von dem Glauben an Dinge, von denen zum Teil gewiss ist, dass sie nicht geschehen sind, zum Teil ungewiss, ob sie geschehen sind, und nur zum geringsten Teil außer Zweifel, dass sie geschehen sind, dass von dem Glauben an dergleichen Dinge des Menschen Seligkeit abhängen soll, ist so ungereimt, dass es heutzutage keiner Widerlegung mehr bedarf.

David Friedrich Strauß 

 

 

 

. . . Meine Religiosität besteht in der demütigen Bewunderung des unendlich überlegenen Geistes, der sich in dem Wenigen offenbart, was wir mit unserer schwachen und hinfälligen Vernunft von der Wirklichkeit zu erkennen vermögen.  Moral ist eine höchst wichtige Sache, aber für uns, nicht für Gott. . . 

Albert Einstein

 

Gott ist die allgemeine Wesenheit des Seins. Durch ihn ist alles, er ist aller Wirklichkeit Quell, das Innerlichstes jedes Dings, inner-licher als jedem seine eigene Form und Natur. Wie die Natur jeglichen Daseins Fundament, so ist das tiefste Fundament der Natur in allem Gott.

Darum ist es gut gesagt: Dass wir in ihm leben, weben und sind. Er ist allen Lebens Leben, aller Kräfte Kraft, aller Wesen Wesenheit.

Giordano Bruno

 

 

 

Was wär´ ein Gott, der nur von außen stieße,

Im Kreis das All am Finger laufen ließe?

Ihm ziemt´s, die Welt im Innern zu bewegen,

Natur in sich, sich in Natur zu hegen,

so dass, was in ihm lebt und webt und ist,

Nie seine Kraft, nie seinen Geist vermisst!

Johann Wolfgang von Goethe


 

 

Aus der Natur, aus ihren Gesetzen, ihrer Bewegung, ihrer Unendlichkeit und Harmonie lernen wir, dass in ihr eine ewige Vernunft und ewig schaffende Kraft walten muss. Diese nennen wir Gott.

Johannes Ronge

 

 

Was ist die Religion anderes, als das
Bewusstsein, dass wir einer ewigen Ordnung der Dinge erb und eigen angehören, dass es eine höhere Macht gibt, die über uns verfügt.

Julius Rupp

 

 

Gott will kein Haus von Stein, der einzige Tempel, der seiner würdig ist, ist der Geist des Menschen, in dem sich die Wahrheit offenbart.

Julius Rupp

 

Gott ist, und die Welt ist die Form seines ewigen Lebens. So ist Gott und Welt erkannt als eins, wie Geist und Leib in dir eines sind; aber sie sind nicht einerlei, sondern die Welt ist das immer Sterbende und immer Entstehende, Gott aber ist das Bleibende in allem Vergänglichen.

Eduard Baltzer 

 

Wir haben in dem ewig wahren Buch der
Natur gelesen und manches Kapitel
desselben mit staunender Bewunderung 
betrachtet  . . .  Aber was wir nicht gefunden haben
- ist der persönliche Gott; stattdessen aber eine Kraft, die das Leben schafft und erhält, eine Kraft, die uns alle durch ihre Gaben erfreut; und wir haben sie gefunden, nicht gesondert und getrennt von der Weltunendlichkeit, sondern eins mit ihr, ewig eins, wie Körper und Geist in der kleinen Welt, Mensch genannt.

Georg Schneider

Gott als Weltvernunft wirkt im einzelnen Menschen selbst oder anders ausgedrückt: Der Einzelne ist ein Teil der ewig wirkenden
Vernunft, so dass wir im innersten Grunde
unseres Seins mit dieser Weltvernunft
verbunden sind.

Wir sind ein Teil  der ewigen Ordnung, und unsere Religion besteht darin, uns dieser Ordnung bewusst zu werden und aus ihr zu
leben.

Heinz  Schlötermann

 

Vergiss keinen Augenblick, dass du alles, was du in dir und um dich her wahrnimmst, was dir und anderen widerfährt, kein zusammenhangloses Bruchstück, kein wildes Chaos von Atomen oder Zufällen ist, sondern nach ewigen Gesetzen aus dem ewigen Urquell alles Lebens, aller Vernunft und alles Guten hervorgeht.

Das ist der Inbegriff der Religion.

David Friedrich Strauß

 

 

 

Und umzuschaffen das Geschaffene,

Damit sich´s nicht zum Starren waffne,

Wirkt ewiges, lebendiges Tun.

Und was nicht war, nun will es werden,

Zu neuen Sonnen, farbigen Erden,

In keinem Falle darf es ruh´n.

Es soll sich regen, schaffend handeln,

Erst sich gestalten, dann verwandeln,

Nur scheinbar steht´s Momente still,

Das Ewige regt sich fort  in allen;

Denn alles muss in Nichts zerfallen,

Wenn es im Sein beharren will.

Goethe


 

Der leitende Grundsatz der freien Selbst-bestimmung in allen religiösen Angelegenheiten bedingt es, dass innerhalb der Freireligiösen Bewegung Zwang nicht ausgeübt wird. Diesem Grundsatz entsprechend kann von Aufstellung einer einheitlichen oder gar allgemein verpflichtenden freireligiösen Lehre keine Rede sein. Es gibt keine freireligiösen Dogmen oder Glaubenssätze.

Und so strebt die Freireligiöse Gemeinde danach, dass jedem einzelnen Menschen eine seinem Denken und Fühlen entsprechende religiöse Überzeugung werde. Der Unterschied zwischen Kirche und Freireligiöser Gemeinde auf dem Gebiet der Lehre ist nicht der, dass die letztere schlechtweg verneint, was die erstere bezüglich der religiösen Probleme lehrt; er besteht vielmehr darin, dass die Freireligiöse Gemeinde - entgegen dem kirchlichen Glaubenszwang - es jedem Einzelnen freistellt, sich eine seinem Wissen und Bildungsgrad entsprechende Überzeugung betreffs der religiösen Fragen zu bilden, eine Überzeugung, die auch sein Gefühl zufriedenstellt.

Der Freireligiöse unterzieht seine religiöse Überzeugung  ständig seiner Überwachung  bzw. Korrektur gemäß seiner zunehmenden Erkenntnis. Stillschweigende Voraussetzung ist dabei, dass die religiöse Überzeugung sich aufbaue auf den Grundgesetzen des Denkens, und dass sie sich mit fortschrei-tender wissenschaftlicher Erkenntnis wie mit der geschichtlichen Wahrheit in Übereinstimmung befinde.

Es ist immer der denkende Mensch, an welchen die Freireligiöse Gemeinde sich mit ihrer Lehre wendet.

Georg Schneider 

 

 

Alle Religionen sind aus dem der Menschheit innewohnenden Bedürfnis hervorgegangen, etwas Höheres, Mächtigeres, Vollendeteres als sich selbst zu suchen.

Dieses Bedürfnis ist der Adelstitel des Menschen. Ob es sich in minder oder mehr vollkommener Weise offenbare, immer ist es zu achten.

Aber sobald dieses Bedürfnis absolute Formen annimmt und sich für die ein- für allemal gegebene Wahrheit ausgibt, zur dogmatischen Kirche wird, versteinert sich der Geist, der ewiges Streben ist und wird bloß äußere Form, die den lebendig
machenden Odem nicht mehr enthält.

Wir, die wir die Geschichte dieses Bedürf-nisses nach Idealität vor Augen haben, wie es sich in den verschiedenen dogmatisch-positiven, konstituierten Kirchen verloren hat, wir können nicht mehr zurückkehren in eine beschränkte Form, die dem  Gedanken, der nach immer reinerer Wahrheit dürstet, verwehren, seinen freien Flug zu nehmen.

 

Die Philosophie hat uns dazu geführt, Gott nicht mehr außer uns zu suchen, sondern in uns, in allem, was da ist, zu erkennen und es als unsere Aufgabe zu betrachten, ihn in uns und um uns lebendig zu machen. 

Malwida von Meysenbug

 

 

 

 

Wenn Gott nicht wäre, wäre ich nicht,

wenn ich nicht wäre, so wäre er nicht.

Meister Eckhart

 

Bekenntnis

Ich bekenne meine Verpflichtung

zu täglich neuer Tat

an mir selbst und meinem Nächsten,

damit ich furchtlos und stolz, gütig und weise

mein Leben erfülle und ohne alle Sorge

um Strafe oder Lohn es vollende.

Ich ergreife die Welt als eine Aufgabe,

die zu lösen mein Wille

sich fort und fort entflammen muss,

damit allem Leben zu immer

edleren Gestaltung

stets neuer Raum geschaffen werde.

Ich erlebe gläubig

in allem Werden und Geschehen

das unbegreifliche Wirken Gottes,

unfassbar und unerkennbar

und doch ewiger Inhalt und Sinn des Seins.

Otto Knöbel